Regulierungsfristen nach Verkehrsunfall: Wie lange darf die Versicherung warten?
- abg
- 26. Juni
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Nach einem Verkehrsunfall erwarten Geschädigte zu Recht, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung zügig leistet. Doch nicht selten zieht sich die Regulierung über Wochen oder gar Monate hin. Die Frage, wie lange eine Versicherung tatsächlich Zeit hat, ist rechtlich klar geregelt – und für Betroffene von erheblicher Bedeutung. Denn verzögert sich die Schadensbearbeitung unangemessen, drohen nicht nur finanzielle Einbußen, sondern es entstehen auch Ansprüche auf Verzugszinsen und gegebenenfalls weitere Schadensersatzpositionen.
Gesetzliche Grundlage für die Regulierungsfrist
Die rechtliche Ausgangsbasis bildet § 14 Abs. 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Danach ist der Versicherer verpflichtet, binnen eines Monats über den Anspruch zu entscheiden, sobald ihm alle zur Prüfung erforderlichen Unterlagen vorliegen. Die Frist beginnt also nicht mit dem Unfallereignis selbst, sondern erst mit dem vollständigen Eingang der notwendigen Informationen – beispielsweise Unfallbericht, Gutachten, Reparaturrechnung und ggf. ärztliche Bescheinigungen bei Personenschäden.
Wichtig ist daher, dass der Geschädigte seinerseits zeitnah handelt und der Versicherung alle relevanten Dokumente übermittelt. Erst ab diesem Zeitpunkt läuft die Monatsfrist, innerhalb derer die Versicherung entweder regulieren oder eine begründete Zurückstellung erklären muss.
Angemessene Frist nach ständiger Rechtsprechung
Unabhängig vom VVG hat sich in der zivilgerichtlichen Praxis eine sogenannte „angemessene Prüfungsfrist“ herausgebildet, die regelmäßig mit vier bis sechs Wochen nach vollständiger Schadenmeldung bemessen wird. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung, unter anderem des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2005, 3134), der betont hat, dass die Prüfung zügig, aber sachgerecht erfolgen müsse.
Liegt ein klarer Haftungsfall vor – etwa bei einem klassischen Auffahrunfall mit eindeutiger Schuldfrage – erwarten Gerichte eine zügige Regulierung, regelmäßig binnen vier Wochen. In komplexeren Fällen, etwa bei streitiger Haftung, Personenschäden oder unklaren Beweislagen, kann eine etwas längere Prüfungsdauer zulässig sein. Überschreitet der Versicherer jedoch die Obergrenze von sechs Wochen ohne triftigen Grund, gerät er in Verzug.
Folgen bei unangemessen langer Regulierung
Sobald sich der Versicherer in Verzug befindet, hat der Geschädigte Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 BGB. Dies betrifft nicht nur Reparaturkosten oder Nutzungsausfallentschädigungen, sondern auch Schmerzensgeld und andere ersatzfähige Schäden. In einigen Fällen können zusätzliche Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht werden – insbesondere dann, wenn die Inanspruchnahme eines Anwalts gerade durch die Verzögerung ausgelöst wurde.
Für Werkstätten, die im Rahmen einer Sicherungsabtretung regulieren, besteht ebenfalls ein Anspruch auf zeitnahe Zahlung. Wird ein wirtschaftlicher Druck erzeugt, etwa durch Mahnungen an den Geschädigten wegen nicht beglichener Rechnungen, obwohl die Versicherung grundlos zögert, kann auch dies haftungsrechtlich relevant werden.
Mitwirkungspflichten nicht vergessen
Ein häufiger Fehler in der Praxis ist es, die Verzögerung allein der Versicherung zuzuschreiben, obwohl noch Unterlagen fehlen. Wer beispielsweise das Gutachten nicht vollständig weiterleitet oder auf Rückfragen des Versicherers nicht reagiert, riskiert, dass die Frist gar nicht erst zu laufen beginnt. Deshalb sollten Geschädigte nicht nur auf die Bearbeitung durch die Versicherung warten, sondern auch selbst aktiv am Fortgang mitwirken – am besten dokumentiert und nachvollziehbar.
Fazit: Vier Wochen sind die Regel – darüber hinaus droht Verzug
Wer nach einem Unfall auf seine Entschädigung wartet, sollte wissen: Die Versicherung darf nicht beliebig lange prüfen. Spätestens nach einem Monat muss Klarheit herrschen, sofern alle Unterlagen vorliegen. Geschädigte sollten eine Verzögerung nicht einfach hinnehmen, sondern ihre Rechte aktiv geltend machen – notfalls mit anwaltlicher Unterstützung. Denn zu langes Warten kostet nicht nur Zeit, sondern bares Geld.

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