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Unfallregulierung und Werkstattrisiko: Wer haftet bei unbezahlter Reparaturrechnung?

  • abg
  • 10. Juni
  • 2 Min. Lesezeit


Ein Verkehrsunfall ist für den Geschädigten nicht nur ärgerlich, sondern auch mit organisatorischem Aufwand verbunden. Wer sein Fahrzeug reparieren lässt, geht davon aus, dass die Versicherung des Unfallverursachers die Kosten übernimmt. Doch was passiert, wenn die Rechnung offen bleibt und sich Werkstatt und Versicherung gegenseitig die Verantwortung zuschieben? Der rechtliche Hintergrund ist komplex – und für Geschädigte wie Werkstätten gleichermaßen bedeutsam.



Werkstattrisiko als Teil der Schadenszurechnung



Im deutschen Schadensersatzrecht gilt: Der Schädiger hat den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Entscheidet sich der Geschädigte für eine konkrete Abrechnung, also die tatsächliche Reparatur, umfasst der zu ersetzende Schaden grundsätzlich auch die Reparaturkosten. Kommt es allerdings zu Problemen bei der Zahlung – etwa, weil die Versicherung eine Deckung ganz oder teilweise verweigert –, stellt sich die Frage, wer das sogenannte Werkstattrisiko trägt.


Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt dieses Risiko grundsätzlich beim Geschädigten. Das bedeutet: Er bleibt zunächst Vertragspartner der Werkstatt und haftet für die Begleichung der Rechnung, unabhängig davon, ob die Versicherung zahlt oder nicht. Diese Ausgangslage ist für viele Geschädigte überraschend, da sie häufig davon ausgehen, die Werkstatt rechne direkt mit der gegnerischen Versicherung ab und sie selbst hätten damit nichts zu tun.



Einrede des Schädigers und Kürzungen durch die Versicherung



In der Praxis zeigen sich oft Probleme, wenn der Versicherer die Rechnung kürzt, etwa mit dem Verweis auf überhöhte Stundensätze, kalkulierte Ersatzteile oder eine angeblich unzureichende Notwendigkeit der Maßnahme. In solchen Fällen bleibt der Geschädigte als Werkstattkunde in der Pflicht – er kann sich nicht darauf berufen, dass der Versicherer ohnehin zur Zahlung verpflichtet wäre. Vielmehr muss er im Zweifel selbst zahlen und sodann den Differenzbetrag gegenüber dem Versicherer geltend machen.


Entscheidend ist hierbei die Abgrenzung zwischen dem sogenannten Erfüllungsrisiko der Werkstatt und dem Werkstattrisiko im haftungsrechtlichen Sinn. Hat die Werkstatt sauber und fachgerecht repariert, kann sie ihren Anspruch auf Vergütung direkt gegen den Geschädigten durchsetzen – selbst dann, wenn der Versicherer bestimmte Positionen nicht anerkennt. Ein Rückgriff auf den Schädiger ist für den Geschädigten zwar möglich, aber nicht risikolos.



Rechtsprechung zur Direktabrechnung und Schutz des Geschädigten



Die aktuelle Rechtsprechung erkennt zwar an, dass Werkstätten in vielen Fällen direkt mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers abrechnen dürfen. Dies befreit den Geschädigten aber nicht grundsätzlich von der eigenen Zahlungspflicht. Selbst wenn die Abtretung der Forderung an die Werkstatt erfolgt ist, bleibt ein Restrisiko, etwa bei formalen Fehlern der Abtretung oder bei Kürzungen der regulierten Summe.


Gerichte stellen klar, dass der Geschädigte grundsätzlich in der Pflicht steht, die Werkstattrechnung zu begleichen, wenn keine anderslautende vertragliche Regelung getroffen wurde. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Werkstatt auf ausdrückliche Weisung des Geschädigten tätig wurde und keine unmittelbare Beauftragung durch den Versicherer vorliegt.



Fazit: Werkstattrisiko rechtzeitig erkennen und richtig absichern



Wer sein Fahrzeug nach einem unverschuldeten Unfall reparieren lässt, sollte sich bewusst sein, dass er der primäre Vertragspartner der Werkstatt bleibt – mit allen damit verbundenen Pflichten. Es empfiehlt sich, vor Auftragserteilung mit der Werkstatt zu klären, ob eine Abrechnung direkt mit der gegnerischen Versicherung erfolgt und wie mit möglichen Differenzen umgegangen wird. Im Streitfall ist anwaltlicher Rat unerlässlich, um Regressansprüche korrekt durchzusetzen und unnötige Kostenrisiken zu vermeiden.



 
 
 

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